Fahrzyklen NEFZ und WLTP

Rund 25 Jahre lang war der NEFZ der gültige Prüfzyklus für Fahrzeuge in der EU. Seit dem 1. September 2017 gilt nun das neue Prüfverfahren WLTP (Worldwide Harmonized Light Vehicles Test Procedure), der den NEFZ in zwei Stufen seit August 2018 abgelöst hat. Das neue Messverfahren und der neue Prüfzyklus basieren auf realen Fahrdaten aus 14 Ländern. Dauerte der Test beim alten NEFZ noch 20 Minuten, sind es beim WLTP 30 Minuten. Zudem verlängerte sich die gefahrene Strecke von elf auf 23,25 Kilometer. Dadurch sind die errechneten Testwerte näher an der Realität.

Der NEFZ

Der Neue Europäische Fahrzyklus (NEFZ) ist ein Fahrzyklus, der zuletzt 1997 aktualisiert wurde und zur Bewertung der Emissionswerte von Pkw-Motoren und des Kraftstoffverbrauchs von Pkw (ausgenommen leichte Lkw und Nutzfahrzeuge) dient. Dabei muss der Kraftstoffverbrauch aus der Abgasmenge berechnet werden, die im Fahrzyklus der Abgasnorm ermittelt wird. Die daraus folgenden Angaben des Kraftstoffverbrauchs sind etwa 8 % höher als beim bis dahin verwendeten Drittelmix.

Der NEFZ, der den typischen Gebrauch eines Autos in Europa abbilden sollte, wurde immer wieder dafür kritisiert, dass er Verbrauchswerte liefert, die in der Realität unerreichbar sind. Er besteht aus vier wiederholten Stadtfahrzyklen (UDC) und einem außerstädtischen Fahrzyklus (EUDC). Die genormten Fahrzyklen stellen Durchschnittsprofile dar, um die Fahrzeuge untereinander vergleichen zu können. Sie stimmen oft nicht mit dem Nutzungsprofil des Kunden überein, insbesondere dann, wenn viel Kurzstrecken- und Stadtverkehr vorkommt. Der Verbrauch und die Emissionen bei der maximalen Geschwindigkeit von 120 km/h werden nur über 10 Sekunden des 20-minütigen Tests gemessen und fließen entsprechend kaum in die Durchschnittsberechnung ein. Höhere Geschwindigkeiten werden gar nicht gemessen. Doch gerade bei hohen Geschwindigkeiten steigt der Luftwiderstand überproportional zur Geschwindigkeit an und erhöht dadurch maßgebend die Verbrauchswerte. Die im Zyklus durchgeführten Beschleunigungen von 0 auf 50 km/h innerhalb von 26 Sekunden sind nicht realistisch, der Zyklus blendet so hohe Verbräuche und Schadstoffemissionen bei starken Beschleunigungen aus. Besonders bei Fahrzeugen mit höheren Fahrzeugmassen, z. B. SUV, ergeben sich so im Fahrzyklus deutlich geringere Verbrauchswerte als in der Praxis.

Obwohl der Fahrzyklus ursprünglich für benzinbetriebene Straßenfahrzeuge entwickelt wurde, wird er auch für Dieselfahrzeuge und zur Abschätzung des Stromverbrauchs und der Reichweite von Hybrid- und Batterieelektrofahrzeugen verwendet.

Die WLTP

Die WLTP (World harmonized Light-duty vehicles Test Procedure[[Quelle: UNECE]]) ist ein weltweit harmonisierter Standard zur Bestimmung der Schadstoffwerte, der CO2-Emissionen und des Kraftstoffverbrauchs von herkömmlichen Verbrenner- und Hybridfahrzeugen sowie der Reichweite von vollelektrischen Fahrzeugen.

Sie löst den bisherigen und regionalen Neuen Europäischen Fahrzyklus (NEFZ) als europäisches Fahrzeug-Homologationsverfahren ab.

Ihre endgültige Version wurde 2015 veröffentlicht. Eines der Hauptziele der WLTP ist es, die Laborschätzungen des Kraftstoffverbrauchs und der Emissionen besser mit den Messungen eines Fahrzustands auf der Straße abzustimmen.

Da die CO2-Ziele für die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Fahrzeughersteller weltweit immer wichtiger werden, zielt die WLTP auch darauf ab, die Testverfahren auf internationaler Ebene zu harmonisieren und gleiche Wettbewerbsbedingungen auf dem globalen Markt zu schaffen. Neben den EU-Ländern ist die WLTP auch für Indien, Südkorea und Japan der Standard für Verbrauchs- und Emissionstests. Darüber hinaus knüpft die WLTP an die Verordnung (EG) 2009/443 an, um zu überprüfen, ob die neue verkaufsgewichtete Flotte eines Herstellers im Durchschnitt nicht mehr CO2 ausstößt als das von der Europäischen Union festgelegte Ziel, das derzeit auf 95 g CO2 pro Kilometer für 2021 festgelegt ist.

Der neue Standard wurde so konzipiert, dass er die realen und modernen Fahrbedingungen besser abbildet. Um dieses Ziel zu verfolgen, ist die WLTP 10 Minuten länger als der NEFZ (30 statt 20 Minuten), ihr Geschwindigkeitsprofil ist dynamischer und besteht aus schnelleren Beschleunigungen gefolgt von kurzen Bremsen. Außerdem wurden die Durchschnitts- und die Höchstgeschwindigkeit auf 46,5 km/h bzw. 131,3 km/h erhöht. Die zurückgelegte Strecke beträgt 23,25 km (mehr als das Doppelte der 11 Kilometer des NEFZ).

NEFZ und WLTP Vergleich
Geschwindigkeitsprofil von NEFZ und WLTP im Vergleich

 

Die wichtigsten Unterschiede zwischen dem alten NEFZ- und dem neuen WLTP-Test sind folgende:

  • höhere Durchschnitts- und Höchstgeschwindigkeiten
  • ein breiteres Spektrum an Fahrbedingungen (Stadt, Vorstadt, Landstraße, Autobahn)
  • eine längere Strecke wird simuliert
  • eine höhere durchschnittliche und maximale Antriebsleistung
  • schnelleres Beschleunigen und Bremsen
  • Sonderausstattungen werden separat getestet

Als Ergebnis verringert sich die angegebene Reichweite des Fahrzeugs, wie folgende Beispiele zeigen:

Modell Reichweite nach NEFZ Reichweite nach WLTP
BMW i3S 300 km 235-245 km
VW e-Golf 300 km 231 km
Nissan Leaf 350 km 270 km
Renault Zoe R90/R110 388 km 316 km
Hyundai Kona Elektro 546 km 484 km

WLTP und Hybridfahrzeuge

Die Einführung der WLTP-Norm bedeutet eine große Veränderung für Plug-in-Hybride, die sowohl über einen Elektroantrieb als auch über einen Verbrennungsmotor verfügen und extern elektrisch aufgeladen werden können. Diese Fahrzeuge durchlaufen den Test mehrfach. Sie starten mit einer vollen Batterie. Der Zyklus wird so lange wiederholt, bis die Batterie leer ist. Der Anteil mit Verbrennungsmotor nimmt pro Zyklus zu. Bei jedem Zyklus werden die Emissionen gemessen. Anschließend wird eine Messung mit leerer Batterie durchgeführt, bei der die Antriebsenergie ausschließlich aus dem Verbrennungsmotor und der Energierückgewinnung beim Bremsen stammt. Durch diese mehrstufige Messung lassen sich die elektrische und die Gesamtreichweite genauer bestimmen, ebenso der Kraftstoffverbrauch und die CO2-Emissionen. Der zu deklarierende CO2-Wert errechnet sich dann aus dem Verhältnis der elektrischen Reichweite zur Gesamtreichweite. Dabei wird ein so genannter „Utility-Faktor“ (UF) eingeführt.

WLTP Hybridfahrzeuge Nutzenfaktor

Der UF repräsentiert den Anteil der Fahrten, die im elektrischen Betrieb durchgeführt werden. Für ein reines Elektrofahrzeug beträgt der UF 100 %, für einen konventionellen Verbrennungsmotor beträgt der UF 0 %. Bei einem Plug-in-Hybridfahrzeug steigt der UF mit der elektrischen Reichweite. Der Gesetzgeber bewertet also mit dem UF die Fähigkeit des Fahrzeugs, emissionsfrei zu fahren. Je größer die elektrische Reichweite ist, desto geringer ist der CO2-Ausstoß. Das ist durchaus sinnvoll, denn der Fahrer eines Plug-in-Hybridautos wird seltener tanken müssen, wenn er genug Strom an Bord hat, um zum Beispiel typische Pendlerstrecken rein elektrisch zurückzulegen. In der Praxis wird das tatsächliche Verbrauchsverhalten eines Plug-in-Hybridautos von Nutzer zu Nutzer sehr unterschiedlich sein. Bei langen Fahrten wird die im Elektromodus zurückgelegte Strecke kaum ins Gewicht fallen und der Verbrauch daher auf dem Niveau eines konventionellen Verbrennungsmotors liegen. Auf der anderen Seite können viele Kurzstrecken und Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsplatz fast ausschließlich im Elektromodus zurückgelegt werden, wobei der reale Verbrauch nahe bei 0 l/100 km liegt.

WLTP 2nd Act

Für Plug-In Hybride bedeutet die neue WLTP 2nd Act technische Änderungen. Seit dem 1. September 2019 müssen Automobilhersteller den Abgasausstoß ihrer neu in der EU zugelassenen Fahrzeuge nun nach dem WLTP 2nd Act, dem zweiten Teil des Testverfahrens erfassen.

Hierbei wurden einige Testprozeduren geändert, die Aufschluss über den Kraftstoffverbrauch des Fahrzeuges geben. Neben dem Messen der Emissionen im Fahrbetrieb verlangt der 2nd Act zusätzlich eine Messung der Emissionen, die ohne Motorbetrieb entstehen: zum Beispiel durch verdunstenden Kraftstoff. Hierzu werden die Fahrzeuge in einer Prüfkammer einer einem Tagesverlauf entsprechenden Sonneneinstrahlung unterzogen, um den verdunstenden Kraftstoff zu messen. Bisher dauerte dieser Test 24 Stunden, jetzt 48 Stunden. Die Obergrenze der Emissionen von 2 Gramm Kohlenwasserstoff bleibt unverändert.